3. September 2013

Dienst­wa­gen­be­steue­rung: Anwen­dung der 1%-Regelung auch bei fehlender privater Nutzung

In einer Reihe von vier Urteilen hat der Bundes­fi­nanzhof (BFH) zur Frage des geld­werten Vorteils bei einer privaten Nutzung eines Firmen­wa­gens Stel­lung genommen und seine bishe­rige Recht­spre­chung korri­giert.

Bishe­rige Recht­spre­chung Bisher wurde die tatsäch­liche private Nutzung des Fahr­zeugs durch den Arbeit­nehmer vermutet und damit ein steu­er­pflich­tiger Vorteil ange­nommen. Der Steu­er­pflich­tige konnte die Vermu­tung jedoch unter engen Voraus­set­zungen wider­legen. Diese Möglich­keit ist nun durch die neue Recht­spre­chung des BFH entfallen.

Neue Recht­spre­chung des BFH Nach den BFH-Urteilen vom 21. März 2013 (VI R 31/10, VI R 46/11, VI R 42/12) und vom 18. April 2013 (VI R 23/12) stellt die unent­gelt­liche oder verbil­ligte Zurver­fü­gung­stel­lung eines Fahr­zeugs zur privaten Nutzung durch den Arbeit­geber beim Arbeit­nehmer immer einen steu­er­pflich­tigen Vorteil dar. Dies gilt auch dann, wenn dieser das Fahr­zeug tatsäch­lich nicht privat nutzt.Der Vorteil ist, wenn ein ordnungs­ge­mäßes Fahr­ten­buch nicht geführt worden ist, nach der 1%-Regelung zu bewerten.

Die Urteile im Einzelnen Im Streit­fall (VI R 31/10) stellte die Klägerin, eine Steuer­beratungs­gesellschaft, ihrem Geschäfts­führer einen Dienst­wagen zur Verfü­gung. Nach dem Anstel­lungs­ver­trag durfte er den Dienst­wagen auch für Privat­fahrten nutzen.

Bei der Lohn­steuer setzte die Klägerin für die private Nutzung ledig­lich eine Kosten­pau­schale an, denn eine private Nutzung des Dienst­wa­gens habe nicht statt­ge­funden. Im Anschluss an eine Lohn­steu­er­au­ßen­prü­fung erließ das Finanzamt einen Lohn­steu­er­haf­tungs­be­scheid. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Konkrete Möglich­keit zur privaten Nutzung ausrei­chend Der BFH hat die Entschei­dung des Finanz­ge­richts bestä­tigt. Die vom Arbeit­geber gewährte Möglich­keit, den Dienst­wagen auch privat nutzen zu dürfen, führt beim Arbeit­nehmer zu einem Vorteil, der als Lohn zu versteuern ist.

Ob der Arbeit­nehmer von der Möglich­keit der privaten Nutzung Gebrauch gemacht hat, ist dafür uner­heb­lich, denn der Vorteil in Gestalt der konkreten Möglich­keit, das Fahr­zeug auch zu Privat­fahrten nutzen zu dürfen, ist dem Arbeit­nehmer bereits mit der Über­las­sung des Fahr­zeugs zuge­flossen. Deshalb hatte das Finanz­ge­richt den geld­werten Vorteil aus der Über­las­sung des Dienst­wa­gens zur privaten Nutzung zu Recht (auch ohne weitere Fest­stel­lungen zum Sach­ver­halt) als Arbeits­lohn ange­sehen.

Bewer­tung nach der 1%-Regelung Der BFH bestä­tigte auch die Auffas­sung der Vorin­stanz, dass der Vorteil nach der 1%-Regelung zu bewerten sei. Die Vorschriften des Einkom­men­steu­er­ge­setzes setzen keine tatsäch­liche Nutzung voraus, sondern verweisen nur auf die 1%-Regelung.

Mit dem Betrag, der nach der 1%-Regelung als Einnahme anzu­setzen ist, sollen sämt­liche geld­werten Vorteile, die sich aus der Möglich­keit zur privaten Nutzung des Dienst­wa­gens ergeben – unab­hängig von Nutzungsart und -umfang – pauschal abge­golten werden. Diese Typi­sie­rung hat der BFH wieder­holt als verfas­sungs­gemäß erachtet. Da im Streit­fall ein ordnungs­ge­mäßes Fahr­ten­buch nicht geführt worden war, kam eine andere Entschei­dung nicht in Betracht.

In zwei weiteren Urteilen vom 21. März 2013 (VI R 46/11 und VI R 42/12) sowie in einem Urteil vom 18. April 2013 (VI R 23/12) hat der BFH aber auch (noch­mals) verdeut­licht, dass die 1 %-Rege­lung nur zur Anwen­dung kommt, wenn fest­steht, dass der Arbeit­geber dem Arbeit­nehmer tatsäch­lich einen Dienst­wagen zur privaten Nutzung arbeits­ver­trag­lich oder doch zumin­dest auf Grund­lage einer konklu­dent getrof­fenen Nutzungs­ver­ein­ba­rung über­lassen hat.

So hat der BFH entschieden, dass bei fehlender Fest­stel­lung, dass der Arbeit­geber dem Arbeit­nehmer einen Dienst­wagen zur privaten Nutzung über­lassen hat, auch der Beweis des ersten Anscheins diese fehlende Fest­stel­lung nicht ersetzen kann. Dies gilt auch bei ange­stellten Gesell­schafter-Geschäfts­füh­rern einer GmbH. Auch in einem solchen Fall lässt sich kein allge­meiner Erfah­rungs­satz des Inhalts fest­stellen, dass ein Privat­nut­zungs­verbot nur zum Schein ausge­spro­chen ist oder der (Allein-)Geschäftsführer ein Privat­nut­zungs­verbot gene­rell miss­achtet. Nutzt der Gesell­schafter-Geschäfts­führer den betrieb­li­chen Pkw aller­dings unbe­fugt privat, liegt kein Arbeits­lohn, sondern eine verdeckte Gewinn­aus­schüt­tung vor.